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Am 1. Januar 2023 tritt die grosse Aktienrechtsrevision in Kraft. Diese bringt viele Neuerungen mit sich. Unter anderem soll das Aktienrecht im Wesentlichen den heutigen wirtschaftlichen Bedürfnissen und technologischen Möglichkeiten angepasst werden. Davon kann auch Ihre Unternehmung profitieren.
4. November 2022

Neues Aktienrecht tritt am 1. Januar 2023 in Kraft

Am 1. Januar 2023 tritt die grosse Aktienrechtsrevision in Kraft. Diese bringt viele Neuerungen mit sich. Unter anderem soll das Aktienrecht im Wesentlichen den heutigen wirtschaftlichen Bedürfnissen und technologischen Möglichkeiten angepasst werden. Davon kann auch Ihre Unternehmung profitieren. Im Folgenden setzten wir den Fokus auf nicht börsenkotierten Unternehmen sowie auf die nachstehend aufgeführten Punkte:

Modernisierung der Generalversammlung und Beschlüsse

Durch die Corona-Pandemie und der damit einhergehenden COVID-19-Verordnung 2 hatten die Gesellschaften die Möglichkeit, eine Generalversammlung (GV) nicht bloss in der Präsenz-Form “vor Ort” abzuhalten, sondern diese auch auf dem schriftlichen Weg, in elektronischer Form oder mit einem unabhängigen Stimmrechtsvertreter durchzuführen. Diese Flexibilität wurde durch die COVID-19-Verordnung 3 aufrechterhalten, allerdings ist diese nur noch bis zum 31. Dezember 2022 in Kraft. Welche Formen der GV sind nach Massgabe des neuen Aktienrecht möglich?


Virtuelle GV

Eine virtuelle GV kann ausschliesslich mit elektronischen Mitteln und somit ohne Tagungsort durchgeführt werden. Für die Etablierung der virtuellen GV bedarf es allerdings einer statutarischen Grundlage. Börsenkotierte Gesellschaften haben bei der Einberufung zur GV einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter zu bezeichnen, nicht börsenkotierte Gesellschaften hingegen können in den Statuten vorsehen, auf einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter zu verzichten. Die technische Art und Weise der Durchführung spielt grundsätzlich keine Rolle; die zurzeit weit verbreiteten Programme Teams, Zoom etc. reichen aus.

Hybride GV

Bei einer hybriden GV haben die Aktionäre die Möglichkeit, an der GV mit einem physischen Tagungsort ohne physische Präsenz teilzunehmen und ihre Rechte mittels elektronischen Mitteln auszuüben. Wichtig ist hier die Möglichkeit zur Interaktion. Eine reine Live-Übertragung reicht nicht aus.

Multilokale GV („GV an mehreren Tagungsorten“)

Es besteht nach neuem Aktienrecht die Möglichkeit, die GV gleichzeitig an verschiedenen Orten durchzuführen. Wird von dieser Option Gebrauch gemacht, so muss gewährleistet sein, dass die Voten der Teilnehmer unmittelbar in Bild und Ton an alle Tagungsorte übertragen werden. Die Ausübung der Aktionärsrechte darf auch durch diese Variante nicht in unsachlicher Weise erschwert werden.

GV im Ausland

Ebenfalls neu explizit zulässig sind nach Gesetz die Generalversammlungen im Ausland, wenn dies entsprechend in den Statuten verankert ist. Mit Einberufung einer GV bei börsenkotierten Gesellschaften muss ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter ernannt werden, wohingegen bei nicht börsenkotierten Gesellschaften mit Zustimmung aller Aktionäre darauf verzichten werden kann.

Zirkularbeschlüsse

Neu besteht die Möglichkeit, Zirkularbeschlüsse in elektronischer Form zu fassen. Die Aktionäre können so Entscheide, die der Generalversammlung vorbehalten sind, ausschliesslich per Mail beschliessen. Eine virtuelle oder physische GV ist formell nicht (mehr) notwendig. Die zwingend öffentlich zu beurkundenden Beschlüsse bleiben jedoch vorbehalten.

Flexiblere Gründungs- & Kapitalvorschriften

Einführung Kapitalband

Eine der wichtigsten Änderungen des neuen Aktienrechts ist die Möglichkeit ein Kapitalband in Ihre Statuen aufzunehmen. Dieses verfolgt das Ziel, das Aktienkapital zu „flexibilisieren“. Es wird damit der Verwaltungsrat ermächtigt, das ordentliche Aktienkapital während der Dauer von maximal fünf Jahren ab Beschluss zu erhöhen oder herabzusetzen. Dies bietet die Möglichkeit, für Akquisitionen oder Unternehmensentwicklungen innert Kürze Eigenkapital zu beschaffen oder dieses im Falle einer Überkapitalisierung herabzusetzen. Bei jeder Erhöhung oder Herabsetzung trifft der Verwaltungsrat (VR) die nötigen Feststellungen und ändert die Statuten. Diese müssen öffentlich beurkundet sowie beim zuständigen Handelsregister angemeldet werden.

Der Verwaltungsrat hat diese Freiheit nur innerhalb der Bandbreite von 50% bis 150% des eingetragenen Aktienkapitals. Beschränkungen der Befugnisse des VR (mittels Einschränkungen, Auflagen und Bedingungen) können durch die GV in den Statuten festgehalten werden.

In jedem Fall liegt das Minimum der Kapitalherabsetzung beim gesetzlichen Mindestkapital.

Nennwert Aktienkapital und Fremdwährung

Bis anhin musste das Aktienkapital zwingend in Schweizer Franken gehalten werden. Die Revision ermöglicht nun die Führung des Aktienkapitals in US-Dollar (USD), Euro (EUR), Britischen Pfund (GBP) und Yen (JPY), sofern die entsprechende Währung für die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft wesentlich ist.

Neu ist es möglich, dass der Nennwert der Aktie weniger als einen Rappen beträgt. Gemäss dem revidierten Aktienrecht muss der Nennwert lediglich noch „grösser als null“ sein.

Pflichten des Verwaltungsrats

Neu obliegt dem Verwaltungsrat nicht nur die Situation bezüglich eines möglichen Kapitalverlusts zu überwachen, sondern er ist auch verpflichtet, die Überwachung der Zahlungsfähigkeit sicherzustellen. Die Handlungspflicht des Verwaltungsrats greift somit nicht erst bei einer Überschuldung, sondern bereits bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit. Notfalls hat der Verwaltungsrat sogar ein Gesuch um Nachlassstundung, was neu auch zu seinen unübertragbaren Aufgaben gehört, einzureichen. Alle Handlungen hat der Verwaltungsrat mit der gebotenen Eile vorzunehmen. Eine Missachtung dieser Handlungspflichten durch den Verwaltungsrat bezüglich drohender Zahlungsunfähigkeit bzw. Kapitalverlust kann zu einem Haftungsfall führen.

Stärkung der Aktionärsrechte

Den Aktionären wird durch die Aktienrechtsrevision unter anderem ein verbesserter Zugang zu Informationen gewährleistet. Neu können Aktionäre einer nicht börsenkotierten Gesellschaft, die zusammen mindestens 10 % des Aktienkapitals oder der Stimmrechte kontrollieren, auch ausserhalb einer GV von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch machen. Auch hinsichtlich des Einsichtsrechts werden die Hürden herabgesetzt. So kann Einsicht verlangen, wer mindestens 5 % des Aktienkapitals oder der Stimmen vertritt. Eine Ermächtigung durch die Generalversammlung ist nicht mehr nötig.

Neu steht Aktionären von nicht börsenkotierten Gesellschaften, die allein oder zusammen mindestens 5 % des Aktienkapitals oder der Stimmen vertreten, ein Traktandierungsrecht zu, wobei eine Relevanz des Mindestbetrages von CHF 1 Mio. wie bis anhin wegfällt.

Weitere relevante Änderungen

Die Aktienrechtsrevision bringt zahlreiche weitere Änderungen mit sich, welche teilweise die heute schon bestehende Praxis und Rechtsprechung kodifizieren. So fallen die qualifizierten Gründungsvorschriften (z.B. geprüfter Gründungsbericht) bei der beabsichtigten Sachübernahme definitiv dahin. Auch wird es der Generalversammlung neu möglich sein, gestützt auf einen Zwischenabschluss die Ausrichtung einer Zwischendividende zu beschliessen. Dies bringt z.B. beim Unternehmensverkauf den Vorteil, dass die Unternehmung unmittelbar vor dem Verkauf noch von bisher nicht ausgeschütteten Gewinnen erleichtert werden kann.

Eine weitere Neuerung bringt auch das Thema Verrechnungsliberierung mit sich. Es ist neu gesetzlich festgehalten, dass eine Verrechnung einer Forderung auch als Deckung gilt, wenn die Forderung nicht mehr durch Aktiven gedeckt ist. Somit ist eine nicht mehr in vollem Umfang werthaltige Forderung grundsätzlich ebenfalls verrechenbar. Die Verrechnungsliberierung ist neu zwingend in den Statuten festzuhalten.

Fazit

Um Widersprüche zwischen den Statuten Ihrer Gesellschaft und den neuen gesetzlichen Bestimmungen des revidierten Aktienrechts zu vermeiden, empfehlen wir die Statuten zu überprüfen und anzupassen.

Falls Sie von den erwähnten flexibleren Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere der digitalen Durchführung von Generalversammlungen, profitieren möchten, sind jetzt die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen! Gerne unterstützen wir Sie bei Fragen rund um die Organisation und Durchführung der GV resp. den anstehenden Statutenänderungen.

Bestimmungen, welche dem neuen Aktienrecht widersprechen, bleiben bis längstens am 1. Januar 2025 in Kraft, müssen aber bis dahin geändert werden.

Wenn Sie Fragen zum neuen Aktienrecht haben, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren!


Autoren:

lic. iur. Cyrill Lauper, Rechtsanwalt und Notar

Fabio Piattini, BLaw
Cyrill lauper lauper partner luzern 02

Cyrill Lauper

lic. iur | Rechtsanwalt und Notar

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